Die Himalaya-Tradition der Yoga-Meditation

von Swami Veda Bharati


Seit Jahrtausenden sind die Berge des Himalaya die Heimat von Heiligen und Weisen. Diese großen Weisen haben nach den Yoga-Lehren gelebt und ihr Wissen an Schüler weitergegeben, die ihrerseits zu Meistern wurden und die Lehren weiterreichten. Seit der Zeit der Veden existiert eine ununterbrochene Übertragungslinie. 

Vor zwölfhundert Jahren organisierte Shankaracarya seine Lehren in fünf Zentren der Himalaya-Tradition.
Unsere Tradition, eine dieser fünf, ist die Bharati-Linie, verbunden mit den Shankaracaryas mit Sitz in Shringeri. Bha bedeutet 'Licht des Wissens', rati bedeutet 'ein Liebender, der darin absorbiert ist'. So bezeichnet Bharati einen 'Liebenden wahren Wissens, vollständig in dessen Licht absorbiert'. Die Methoden und philosophischen Lehren der Himalaya-Tradition sind über diese lange Zeit vielfach geprüft und bestätigt worden. Generation auf Generation von Praktizierenden ist diesem Weg gefolgt und ein großer Reichtum an Wissen ist entstanden.

Man kann für sich selbst die Schriften der Tradition und die Berichte der Erfahrungen der großen Meister studieren. Die Himalaya-Tradition ist keine Tradition, in der sich ein Lehrer zum Guru erklärt und in der von Schülern erwartet wird, alles zu glauben was immer er sagt. Die Lehren entstammen vielmehr der Tradition selbst, und ein Schüler kann sich auf die Tradition beziehen, um die Aussagen eines Lehrers zu prüfen. 

Der ursprüngliche Zweck der Tradition ist es, in jedem menschlichen Wesen die göttliche Flamme zu erwecken. Und es ist das Ziel jedes Schülers, selbst zu einem Meister der Tradition zu werden, indem er sein wahres Selbst erkennt. Aufgabe des Lehrers ist es, seinen Schülern selbstlos und durch die Gnade des Guru auf dem Weg zu höchster Erleuchtung zu helfen. Das Wissen wird in Form von Erfahrung weitergegeben, durch Übertragung von Energie.

Die Himalaya-Tradition der Yoga-Meditation verbindet die Weisheit der Yoga-sutras von Patanjali, die Philosophie und Praxis der Tantras sowie die spezifischen mündlichen Anweisungen und initiatorischen Erfahrungen, weitergereicht durch eine lange Linie von Heiligen und Meistern des Yoga, deren Namen bekannt oder unbekannt sein mögen. Die Tradition ist keine intellektuelle Kombination unzusammenhängender Elemente, sondern ein einheitliches System, in dem alle Teile integriert und miteinander verbunden sind.

Die wesentlichen Lehren und Praktiken aller bekannten Meditationssysteme sind in der Himalaya-Tradition einbezogen und sind überwiegend aus ihr hervorgegangen. Beispielsweise betont Vipassana das Atemgewahrsein, die Transzendentale Meditation konzentriert sich auf die Wiederholung von mantras, während die meisten Hatha-Praktizierenden vor allem auf die Körperstellung achten. Meditierende der Himalaya-Tradition lernen, in der richtigen Haltung zu sitzen, sich vollständig zu entspannen, richtig zu atmen, und sie verbinden dann Atemgewahrsein mit dem mantra.

Erreicht man das Ziel eines bestimmten Teils des Himalaya-Systems und meistert es vollständig, wird die Schulung innerhalb des Gesamtsystems weiter fortgesetzt. Genauer ausgedrückt: nur selten findet man Schüler, die alle Komponenten des Himalaya-Systems meistern. Man kann jedoch einen oder zwei Aspekte meistern. Er/sie wird dann beauftragt, diese zu unterrichten. Er/sie wird Schüler auf einer Entwicklungsstufe anziehen, auf der sie von den Lehren jener Teile des Systems Nutzen ziehen können. Auf diese Weise sind aus dem zentralen System viele Meditationsschulen entstanden. Erreicht also ein Schüler die höchste Stufe der Methoden eines bestimmten Subsystems, wird der nächste Schritt zu anderen Aspekten des Himalaya-Systems führen.

Dies bezeichnet man als Divergenz und Konvergenz des Meditationssystems.

Die wichtigsten Komponenten des Himalaya-Systems:

Reinigung der Gedanken und Emotionen

Um in der Meditation innere Störungen infolge außenorientierter Gedanken und Empfindungen zu vermeiden, ist es notwendig, Reinigungspraktiken durchzuführen wie:

(A) die fünf yamas sowie die fünf niyamas:

yamas:  Gewaltlosigkeit, Aufrichtigkeit, Nicht-Aneignen, Lösung aus schwelgerischer Sinnlichkeit, Freisein von Anhaftung -

niyamas:  Reinheit, Zufriedenheit, Praktiken, die zur Vervollkommnung von Körper, Geist und Sinnen führen, Studium, das zur Selbsterkenntnis führt, sowie Hingabe an die höchste Wirklichkeit,

(B) die vier brahmaviharas oder rechten Einstellungen:

Freundlichkeit gegenüber den Glücklichen, Mitgefühl mit den Unglücklichen, Freude mit den Tugendhaften sowie Gleichmut gegenüber den Böswilligen (YS I.33),

(C) die Gegenmittel für störende Gedanken, prati-paksha-bhavana (YS II.33),

um die den yamas, niyamas und brahmaviharas entgegengesetzten Gedanken und Einstellungen (vitarkas) zu lösen.

Diese Praktiken führen zu:
  • ethischem Verhalten
  • daraus resultierend Lockerung der Fesseln des karma
  • citta-prasadana - Klarheit und Reinigung des Geistes
  • und daraus resultierend sthiti-nibandhana - physische und psychische Stabilität sowie Beständigkeit im Leben und in der Meditation. 

Das ist alles nicht so einfach, wie es vielleicht erscheint. Die Lehrer der Himalaya-Tradition sagen beispielsweise, dass sie in der Lage sind, viele Stunden in einer Sitzhaltung zu verweilen, weil:

  • sie emotional stabil und frei von Störungen sind
  • sie bestimmte spezielle Mantras und tantrische Konzentrationsübungen praktiziert haben, nachdem sie in energetisierende Zustände des muladhara-cakra initiiert wurden. Nur das Lesen gelehrter Kommentare zu den Yoga-sutras über die asanas (Körperhaltungen) wird keinem Schüler helfen, einen derartigen Zustand zu erlangen. Man muss dem gesamten integralen System folgen. Zum Beispiel: hat jemand durch Hatha-Praktiken eine Meditationshaltung gemeistert und kann diese auch für einige Zeit halten, so wird dies nicht verhindern, dass er Bewegungen und Schwankungen wahrnimmt - etwas, das viele Meditierende erfahren.
(D) Die Überwindung der vikshepas, der neun Störungen auf dem Weg zur Konzentration, ist ein weiterer Aspekt der Reinigung des Geistes:

Krankheit, geistige Trägheit, Zweifel, Nachlässigkeit, Faulheit, Festhalten an sinnlichem Vergnügen, irrige Wahrnehmung, Unfähigkeit zur Konzentration und Unbeständigkeit im Halten der Konzentration (YS I.30),
sowie deren Begleiter: Schmerz, Niedergeschlagenheit, Unruhe des Körpers und unregelmäßige Atmung (YS I.31).

Ohne derartige Reinigung bleibt man an die ersten drei Zustände des Geistes gebunden:
unruhig (kshiptam), dumpf (mudham), abgelenkt durch vikshepas (vikshiptam). Man ist dann nicht in der Lage, die nächste Stufe (bhumi) zu erreichen: Einpunktigkeit (ekagram) und schließlich in samadhi vollständige Kontrolle des Geistes (niruddham).

Um diese Störungen zu überwinden, werden in der Himalaya-Tradition spezielle Methoden mündlich überliefert. So können beispielsweise unfreiwillige körperliche Bewegungen oder Schwankungen, bzw. das Gefühl des Schwankens auch ohne wahrnehmbare Bewegung, überwunden werden durch:

  • Reinigung der Emotionen
  • bestimmte Mantras und
  • Meditation in der Gegenwart des Lehrers, der dem Schüler (sadhaka) hilft, seinen Geist zu stabilisieren.

Achtsamkeit

Wie in YS I.20 gelehrt, nimmt die Praxis des smrti-upasthana (buddhistisch sati-patthana) viele verschiedene Formen an. Die Einzelheiten werden im persönlichen Unterweisungen vermittelt.

So lehrt die Himalaya-Tradition beispielsweise in detaillierter Methodik die Praxis der asanas (Körperhaltungen) verbunden mit voller Bewusstheit der Zustände des Körpers, des Atems und des Geistes. In der Praxis der asanas ist die Selbstwahrnehmung eine wichtige Komponente, ein tiefes Beobachten aller Zustände des Körpers, des Atems und insbesondere des Geistes.

Atemgewahrsein

Sie beginnt als Teil der Achtsamkeitspraxis und wird dann vertieft als erster Schritt der Meditationsschulung (YS I.34). Hierfür ist es wichtig, eine Zwerchfellatmung zu entwickeln, die langsam, sanft, ohne Wellen und ohne Pausen zwischen den Atemzügen abläuft. Im Himalaya-System der Yoga-Meditation wird nicht zu Praktiken wie kumbhaka aufgefordert. Sie lehrt die Schüler:

  • in solcher Weise zu atmen, dass Meditation gefördert wird
  • den Atemfluss zu beobachten, hier gibt es viele Varianten
  • die gewählte Technik über längere Zeit beizubehalten und nicht zu verändern
  • und zu warten, bis kevala-kumbhaka natürlich entsteht. Dies tritt ein, sobald der Geist, verwoben mit dem sehr subtilen Atem, still wird und dadurch den Atem selbst in einen Zustand der Stille führt.

Die Praxis des Atemgewahrseins verzweigt sich in viele andere Formen der meditativen Erfahrung.
Zum Beispiel:

nadi-shodhana 

die Reinigung der feinstofflichen Energiebahnen. Es können wenigstens sieben verschiedene Formen dieser Kategorie von pranayama geübt werden, zusammen mit:

  • vorbereitenden Übungen wie die sieben verschiedenen Formen von bhastrika (Blasebalgatmung), sowie
  • einer Reihe von Variationen zu jeder der sieben nadi-Reinigungen.
pratyahara

ist die am wenigsten verstandene Komponente (anga) des Yoga.
Wird das sutra (YS II.54) richtig verstanden, bedeutet es:

  • als erstes beruhigt man den Geist
  • dann verschmelzen die Sinne in den ruhigen Geist, und damit
  • beruhigen sich die Sinne. Konkret wird dies durch bestimmte Atemübungen bewirkt, bei denen das Gewahrsein auf pranamaya-kosha (der Hülle der vitalen Energien, prana) ausgerichtet wird.

Mit Hilfe eines kompetenten Lehrers spürt man die Bewegung des subtilen Stroms des prana-vayu zwischen verschiedenen Punkten im Körper, in einer systematischen Folge, bis:

  • der physische Körper vergessen wird
  • die Bewusstheit für pranamaya-kosha sich vertieft, und
  • wenn dann prana beginnt, sich mit seinem Ursprung in manomaya-kosha zu verbinden, beruhigt sich der Geist und die Sinne werden still. Der nächste Schritt von hier ist dann yoga-nidra (bewusster Yoga-Schlaf - nicht zu verwechseln mit einfachen shavasana-Praktiken, die manchmal als yoga-nidra bezeichnet werden). Man kann dann die weiteren Schritte Richtung yoga-nidra gehen oder in Richtung vertiefter Meditation. Oder man praktiziert beide, sofern genügend Zeit dafür gegeben ist.
kundalini-Atmung

die Wahrnehmung eines Energieflusses in der Wirbelsäule ist der erste Schritt auf dem Weg des Tantra. Zuerst stellt man es sich zuerst vor und dann wird es tatsächlich fühlbar, als würde der Atem durch eine imaginäre Bahn in der Wirbelsäule fließen.

  • Viele nicht initiierte Lehrer versuchen heutzutage, cakra-Erweckung zu lehren, ohne zuvor dieses sumeru-pranayama gemeistert zu haben. Man wird diese Erfahrung der sumeru-Atmung nicht vermitteln können, wenn man nicht von einem Meister in diese Methode initiiert wurde.
  • Wird sie ohne die geeigneten Vorbereitungen durchgeführt, wie zum Beispiel der richtigen Art die Wirbelsäule aufrecht zu halten, kann es Schäden hervorrufen, und
  • wenn sie ohne das geeignete Mantra praktiziert wird - nicht nur mit einem beliebigen Mantra - kann die Praxis nutzlos sein oder auch schaden. Sie kann schaden insofern, dass man ohne das passende Mantra nicht fähig ist, die Energie zu kanalisieren, was möglicherweise verschiedene Störungen und Belastungen hervorrufen kann.
sagarbha-pranayama

allgemein versteht man darunter die Praxis von kumbhaka (Anhalten des Atems) zusammen mit mentaler Konzentration auf ein Mantra. Im Himalaya-System des pranapana-smrti-upasthana bedeutet es das Mantra-Gewahrsein zusammen mit dem Gewahrsein des Atemflusses auf verschiedenen Ebenen. Auch dies wird in Form eines Initiationsprozesses vermittelt. Wir beziehen dies auch in der Beschreibung des japa mit ein.

Japa

Dies ist nicht nur das mechanische Rezitieren eines beliebig ausgewählten Mantras. Die Mantra-Wissenschaft beruht auf einem Verständnis der Klangschwingungen, die ursprünglich in verschiedenen Stadien der kundalini zentriert sind. Sie können ohne Initiation nicht erfasst werden. Der eigentliche Zweck des japa ist, in die höchste Stille zu finden. Erst absorbiert man die Ebene artikulierter Sprache (vaikhari) in die mentale Ebene (madhyama). Dann bringt man auch die mentale Ebene zur Stille und findet Zugang in den Bereich von pashyanti, der Schwingung der Offenbarung. So wird man selbst zu einem Kanal der Offenbarung. Von dort aus geht man in die höchste Absorption in para, dem Transzendenten, dem Wissen wie es im Göttlichen Prinzip existiert.

Ein in der Himalaya-Tradition ausgebildeter Lehrer führt die Schüler durch die zunehmenden Verfeinerungen der neun Hauptstufen der Mantrapraxis, wie sie in tantrischen Systemen gelehrt wird.

Hier einige der Varianten der japa-Praxis:
  • das Mantra zusammen mit dem Gewahrsein des Atemstroms praktizieren
  • das Mantra praktizieren im Ausführen täglicher Aufgaben wie Kochen, Lesen oder Schreiben
  • auf sein Mantra im Geist oder im anahata-cakra (Herzzentrum) lauschen
  • Mantra verbunden mit sumeru-Atmung praktizieren
  • Verschmelzen des Mantras in den Punkt des bijas eines bestimmten cakras, und dann beobachten, wie es von dort wieder aufsteigt
  • das Mantra in die geistige Kammer der Stille führen und beobachten, wie es aus dieser Stille wieder aufsteigt
  • das Mantra in den inneren Klang des bhramara-guha ('Höhle der Bienen') verschmelzen lassen und wiederum beobachten, wie es von dort wieder hervortritt
  • das Mantra in den inneren Tempeln für geistige Verehrung (manasa-puja) verwenden
  • die Bedeutung des eigenen Mantras kontemplieren, und dann diese Kontemplation verbinden mit
    - manana, der vedantischen Kontemplation der mahavakyas ('großen Sätze' der Kontemplation)
    - oder mit der Praxis des inneren Dialogs, einer spezifischen Methode der inneren Reinigung
  • das Mantra als bhakti -Erfahrung nutzen, für Hingabe und stilles Gebet, und auf diese Weise den Pfad des Bhakti-yoga, Japa-yoga und Dhyana-yoga miteinander verbinden.

Es gibt noch viele andere Methoden zur Verwendung des Mantras, die jedoch von einem erfahrenen Lehrer vermittelt werden müssen, der nicht nur die Methode lehrt, sondern auch den Geist und die Energie des Schülers durch seine eigene Kraft anleiten kann. Dies bedeutet, er initiiert den Schüler in diese Praxis.

Shavasana

Shavasana-Praktiken dienen als Methoden des Eintretens in den subtilen Körper. Diese inneren Übungen sind sehr detailliert und komplex, sie gehen weit über reine Entspannung hinaus. Sie können auf der Ebene des annamaya-kosha (des physischen Körpers), des pranamaya-kosha (der vitalen Hülle) oder des manomaya-kosha (der mentalen Hülle) systematisch aufbauend geübt werden. Die letzten Stufen in shavasana sind, wie zuvor erwähnt, verschiedene Ebenen des yoga-nidra. Man kann yoga-nidra zum Beispiel dazu nutzen, um:

  • Schlaf zu ersetzen
  • sich selbst zu heilen
  • Sprachen zu lernen, sich mühelos sutras einzuprägen, wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen, philosophische oder persönliche Probleme zu lösen, spontan Poesie zu dichten oder Pläne auszuarbeiten
    (YS I.38)
  • die Kunst des Sterbens zu meistern
  • in samadhi einzutreten.

All diese Möglichkeiten erfordern sowohl die Methode wie auch die initiatorische Übertragung.

Dharana

Konzentration (YS III.1) - und pravrittis, die daraus resultierenden Erfahrungen (YS I.35-36).

Ein erfahrener Lehrer der Himalaya-Tradition ist in verschiedenen Methoden der Konzentration geschult:

  • auf verschiedene Brennpunkte im physischen Körper
  • auf die cakra-Punkte
  • in den tattvas (Entfaltungsprinzipien), und so weiter.

Das Vijnana-bhairava-tantra lehrt hundert verschiedene Wege, durch die ein veränderter Bewusstseinszustand hervorgerufen werden kann. Das Malini-vijayottara-tantra führt fast 1300 dharanas an. Diese Auflistungen sind nicht vollständig. Ein in der Himalaya-Tradition ausgebildeter Lehrer muss die grundlegenden Zugänge und Ausgänge all dieser Konzentrationen kennen, auch wenn er persönlich sie noch nicht alle praktiziert hat.

Dhyana

korrekte Meditation. Alle bislang beschriebenen Methoden sind integrale Bestandteile der Annäherung zur Meditation, doch wirkliche Meditation beginnt auf der Ebene des manomaya-kosha. Es gibt viele Möglichkeiten, in dieses kosha zu finden, wie zum Beispiel durch:

  • Verfeinerung des japa
  • subtilere Stufen des Atemgewahrseins
  • Konzentrationen
  • Initiation
  • im Falle eines weiter fortgeschrittenen Schülers kann ein Guru den Geist des Schülers einfach auf eine höhere Meditationsstufe ziehen. Wie weit eine solche Übertragung der Gnade führen kann, hängt von der Entwicklungsstufe des Lehrers ab. Hat ein Lehrer einen Schüler so weit geführt, wie seiner eigenen Entwicklungsstufe entspricht, übergibt er diesen Schüler dem weiter entwickelten Lehrer.
Diese Liste der Methoden der Himalaya-Tradition ist nur ein Beispiel und keineswegs vollständig.

Ein qualifizierter Lehrer der Himalaya-Tradition 

erfüllt zumindest folgende Anforderungen. Er/sie sollte:

  • die wichtigsten Yoga-Texte kennen
  • alle wichtigen Yoga-Wege wie Mantra-yoga, Kundalini-yoga, Shri-vidya usw. geübt haben und in sie initiiert worden sein, mit Befähigung in einigen und Kenntnis der anderen
  • in der Lage sein, die Verbindungen zwischen der Himalaya-Tradition und anderen Wege zu erkennen, wie dem der Sufis, des Tao, Ch’an, Zen, Theravada, der Tibeter, Christen und anderen - zusammen mit deren grundlegenden Texten und historischen Hintergründen
  • einschätzen können, welchen Persönlichkeitstyp ein Schüler hat, damit der Schüler dann:
    - auf den für sie/ihn passenden Pfad geführt werden kann (bhakti, jnana etc.),
    - das passende Mantra oder die passende cakra-Konzentration erhält, und
    - schrittweise die geeignete Praktiken vermittelt bekommt
  • zumindest ein gewisses Maß der Kraft der Übertragung (Transmission) besitzen.

Übertragung

ist der zentrale Punkt der Himalaya-Tradition. Von jeher wurde die Tradition als Erfahrungsweg in einer ununterbrochene Abfolge von Meister-Schüler-Beziehungen weitergegeben. 

Ein Meditationsbegleiter dieser Traditionslinie muss zumindest einen gewissen Grad an Transmissionskraft besitzen, um den Schülern shakti (Energie) übertragen zu können. Er/sie sollte in der Lage sein, ein verbundenes geistiges Feld zu erzeugen, während er/sie eine Gruppe in Meditation anleitet. Und er/sie sollte ebenfalls fähig sein, einen meditativen Zustand durch die bloße Anwesenheit und Stimme anzuregen. Dies kann man nur soweit durchführen, als man qualifiziert und befugt ist. Man kann beispielsweise nicht eine Konzentration auf das Herz-cakra anleiten, ohne zumindest einen bestimmten Grad der Erfahrung der entsprechenden Energien auslösen zu können. 

Fortgeschrittene Lehrer lehren Meditation durch derartige Übertragung. Dabei führen sie ihre Schüler mittels ihrer Stimme sanft in einen meditativen Zustand.

Die Himalaya-Tradition der Yoga-Meditation 

zeichnet sich dadurch aus, dass sie:

  • die erste meditative Tradition ist
  • die umfassendste, vollständigste und alles einbeziehende Tradition
  • die größten meditativen Traditionen der Welt hervorgebracht hat und diese fortwährend bereichert
  • keine Zugehörigkeit zu einem Glaubenssystem erfordert, sondern durch Erfahrung ermöglicht, die metaphysische Wirklichkeit zu überprüfen
  • eine ununterbrochene Traditionslinie besitzt, deren Kontinuität gewährleistet wird durch Übertragung von shakti in meditativen und initiatorischen Zuständen.

Swami Rama von den Himalayas hat durch seine Belehrungen und Schriften diese Tradition in wissenschaftlicher Form präsentiert, und er hat Schüler initiiert, einen gewissen Grad der Übertragung weiter zu geben.

Möge jedem Leser der Segen der Himalaya-Traditionslinie zuteilwerden und möge er/sie danach streben, eines Tages selbst ein Instrument für solche Übertragung zu werden.

Dieser Beitrag ist eine Übersetzung von Swami Vedas Schrift
'The Himalayan Tradition of Yoga Meditation'
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